Die Computertechnik, die medizinische Technik u. die Kommunikationstechnik hat sich in den letzten Jahren rasant verbessert. Der Mensch versucht mit dem Fortschrittstempo  seiner eigenen Erfindungen Schritt zu halten. Er stellt  eifrig Normen auf um das menschliche Verhalten und den Geldfluss  möglichst genau berechnen zu können und dadurch besser in den Griff zu bekommen. Er verwendet dabei mathematische Formeln, Statistiken, Computerberechnungen etc., stellt Benchmarking Normen und Qualitätskontrollen auf, verfasst Regeln und Richtlinien, erlässt neue Gesetze, und immer wieder läuft der Mensch und das menschliche Leben aus dem Ruder in beiden Richtungen, d.h. der Mensch wird kreativ und durchbricht die Regeln, oder er bleibt dennoch krank oder wird sogar kränker durch all diese Normierungs- und Erfassungsmassnahmen.
Als Aerztin und Psychiaterin bin auch ich diesem medizinischen Normierungsdruck ausgesetzt, welcher meine Patienten zum Teil krank macht. So wird mir z.B. von Fachangestellten einer Krankenkasse, einer Taggeldversicherung oder der Invalidenversicherung vorgeschrieben welche Therapie ich zu betreiben habe, damit ich mich in der allgemein anerkannten therapeutischen Norm bewege, eine Norm, die z.B. aufgestellt wurde von einer Pharmafirma, oder einem Depressions – Forschungs-Team einer Universität. Und wenn ich mich nicht nach dieser Norm verhalte, bekommt mein Patient kein Taggeld ausbezahlt, wenn ich ihn krank geschrieben habe, oder die Invalidenversicherung bewilligt keine Berufliche Eingliederung. Ich werde auch gefragt, ob mein Patient denn wirklich schön brav gehorsam sei, d.h. ich werde nach seiner Compliance gefragt.
Auch die Dosierung des Medikamentes wird von der Versicherung überwacht. Selbst die Motorfahrzeugkontrolle kann meine Behandlung des Patienten durch die Auflage einer regelmässigen Butspiegelnkontrolle der Medikamente überwachen und gutheissen oder verurteilen. Ob diese besagte Norm meinem Patienten entspricht spielt keine Rolle. Der kranke Mensch wurde medizinisch statistisch nach den modernen Regeln der Kunst vermessen und die Krankheit normiert. Auch mein Patient muss da hineinpassen, damit man ihn kontrollieren kann.
All dies scheint mir eine wahrhaft “vermessene” Idee des Menschen, den Menschen,  seine Krankheit, und die Kosten  auf diese Weise in den Griff zu bekommen.
Als ich Medizin studierte vor vielen Jahren an der ältesten Universität der Schweiz, d.h. in Basel habe ich gelernt, dass das vermessene Gehirn von Erasmus von Rotterdam, obwohl es viel kleiner war als das Durchscnittsgehirn eines Homo sapiens sapiens, dennoch sehr funktionstüchtig war, sprich intelligent. Auch habe ich gelernt, dass das medizinische Handwerk eine Kunst sei, eben die ärztliche Kunst. Dies Weisheit scheint im heutigen Gesundheitswesen vergessen gegangen zu sein. Die Kunst zeichnet sich gerade aus durch das Einzigartige, Individuelle und nicht durch die Norm. So halte ich mich an das Prinzip, dass jeder Mensch einzigartig ist, u. dass ich das Recht habe ihm als Aerztin  zu begegnen in seiner Einzigartigkeit, und für ihn ein individuelles Therapieprogramm zu erarbeiten, das vielleicht nicht immer der allgemein anerkannten Norm entspricht. Schlussendlich zählt ja das Resultat, das sogenannte “outcome”, und ich muss sagen, ich habe mit meiner Methode gute Erfahrungen gemacht.