Die Kosten im Gesundheitswesen sind seit Jahren ein heiss umstrittenes Diskussionsthema. Heerscharen von Gesundheitsökonomen, Managern, Politikern, politisch tätigen Ärzten mit Managementausbildung und Krankenkassenvertretern machen immer wieder von Neuem Sparvorschläge verbunden mit dem Versprechen die Qualität bleibe die gleiche. Doch die Kosten steigen stetig weiter an und die Prämien ebenfalls. Eine dieser viel gepriesenen Sparmassnahmen, ausgedacht von Politikern und Krankenkassenvertretern ist gerade wieder gescheitert, die Managed Care Initiative. Es ist der einfache Konsument, bzw. Patient, wir können auch sagen Bürger, der die steten Mehrkosten zu tragen hat, während die vielen gescheiten Propheten über das Sparen reden aber es nie zustande bringen. Die Eigenleistung, die der Patient trägt ist in der Schweiz am höchsten, weit über dem Durchschnitt anderer Länder.
Was sind nun so meine kritischen Gedanken als praktisch tätige Ärztin zum Thema Sparen im Gesundheitswesen?
Wie bei allen komplexen Problemen sind es mehrere Faktoren, welche zur stetigen Teuerung beitragen:

1. Der menschliche Drang zur Selbstdarstellung
Die ärztliche Leistung ist an sich eine Dienstleistung u. das Gesundheitswesen ein Dienstleistungsbetrieb. Schaut man sich im Gesundheitswesen aber etw. genauer um ist es voll von Selbstdarstellung. Jedes Spital, jede ambulante Klinik, alle Pharmafirmen, alle technischen Zulieferanten stellen sich über wunderschöne, künstlerisch gestaltete Glanzbroschüren dar um ihr tolles Angebot zu verkaufen. Es geht um sich möglichst gut zu verkaufen unter der Vielfalt aller Angebote, u. nicht um eine gute Dienstleistung.
Betrachtet man die universitären Betriebe geht es ebenfalls um Selbstdarstellung, nur auf einer etw. anderen Ebene. Hier ist das Selektionskriterium:  wer hat die teuersten Apparate? wer publiziert die meisten Artikel? Wer hat die neuste Technik, ganz gleich wie teuer wie teuer sie ist? Wer das neuste Medikament? Auch die Medizin ist dem gleichen Gesetz der Mode unterworfen wie die Kleidermode, Hauptsache es ist neu, dann muss es auch gut sein.
Dieser Wettkampf um die bessere Selbstdarstellung, man könnte auch sagen der Kampf darum, wer sich besser verkauft, mag ja einerseits gewisse Fortschritte erzielen, er kostet aber auch sehr viel, ja viel zu viel, wenn es nicht mehr um die ärztliche Dienstleistung geht.
Adolf Portmann, ein bekannter Zoologe, bei dem ich noch das Glück hatte Vorlesungen besuchen zu dürfen, hat den Begriff der Selbstdarstellung  bei den Tieren geprägt z.B. für das Hirschgeweih, das nur noch eine bedingte Funktion im Überlebenskampf hat, dafür umso mehr darstellt.
Wir scheinen viele Hirsche im Gesundheitswesen zu haben….?
Eine übertriebene Selbstdarstellung kostet unnötigerweise sehr viel Geld!

2. Der Glaube an die bürokratische, normierte, zentralisierte Kontrolle als Sparmassnahme
In einem Klima der allgemeinen Angst greift der Mensch häufig zu zwanghaftem Kontrollverhalten. Ein solches übermässiges Kontrollverhalten findet im Gesundheitswesen über die Krankenkassen statt. Sie glauben daran mit dieser Methode Geld einsparen zu können, sie verteuern aber nur die ärztliche Behandlung durch übermässigen, unnötigen Papierkrieg u. verärgern die Ärzte noch obendrauf. Um einem Falschspieler beizukommen plagen sie sämtliche ehrenvollen aufrechten Mitspieler. Sämtliche kontrollierenden Regeln werden auf die Ausnahme ausgerichtet. Die Betrüger, sei dies Patient oder Arzt, finden sie aber trotzdem nicht heraus, denn diese sind meistens schlauer als das Kontrollsystem u. entkommen deshalb der Kontrolle. Die redlichen wohlmeinenden Ärzte u. Patienten hingegen behindern  sie mit ihrem institutionalisiertem Misstrauen. Dieses Klima des Misstrauens  gegenüber den Ärzten, ist ungesund u. nicht produktiv  für eine gute Zusammenarbeit im Gesundheitswesen. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass es die Krankenkassen u. die Politiker sind, welche diese Kontrollsysteme schaffen, alles Personen die relativ wenig von der Komplexität der Materie verstehen. Inkompetente Methoden anzuwenden für die Lösung eines hochkomplexen Problems schafft nur unendlich viel Mehrkosten, kommt also sehr teuer zu stehen, spart aber sicher keine Gesundheitskosten.
Wer wundert sich da noch, dass die Hausärzte eine aussterbende Spezies sind u. die Psychiater im Ausland eingekauft werden müssen!?

3.Die akademische u. politische Monopolisierung im Gesundheitswesen
Wir leben im Zeitalter von Twitter, Facebook, Wikipedia u. Google u. sind stolz auf die Demokratisierung des Wissens u. den freien elektronischen Informationsaustausch. Im Gesundheitswesen gibt es noch sehr viele Kartelle, Monopole u. vorherrschende, akademische, schulmedizinische Meinungen, die neue Ideen nicht aufkommen lassen, ja sie geradezu unterdrücken. Barbara McClintock musste 40 Jahre warten bis sie den Nobelpreis erhielt für ihre Entdeckung, weil diese zur damaligen Zeit nicht zur „herrschenden“ akademischen Meinung der Genetiker passte.
Die Feudalherrschaft lebt im Gesundheitswesen,  an den Universitäten u. in der Gesundheitspolitik  in alter Tradition weiter. Auch diese fördert die gesunde Evolution zu einer besseren u. effizienteren Gesundheitsversorgung nicht, im Gegenteil, sie verteuert nur, weil sie Entwicklung verhindert.

Was wünsche ich mir als 43 Jahre lang praktizierende Ärztin zur Effizienz- u. Effektivität steigernden Gesundheitsversorgung, die gleichzeitig noch kostengünstig ist?

Meine Gedanken dazu werde ich in einem neuen blog versuchen aufzuschreiben. Machen doch auch Sie sich Gedanken zu dieser Frage als Gesundheitsversorger u. auch als Konsumenten, d.h. Patienten!

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