Die Depression beschreibt einen Gemütszustand, in welchem die emotionale Energie reduziert, quasi heruntergefahren ist und dadurch die seelische Kraft für das Handeln und Bewältigen von Problemen fehlt. Mental neigt der Mensch in einem depressiven Zustand dazu, alles schwarz zu sehen und sich nichts mehr zuzutrauen, der Mut zur Handlung fehlt. In der zwischenmenschlichen Beziehung fühlt sich die depressive Person konstant als Verlierer. In der Auseinandersetzung mit wichtigen Bezugspersonen wie Eltern, Partner, Vorgesetzten, Lehrpersonen ist die depressive Person auch stets der Verlierer im Dominanzkampf, d. h. in der persönlichen Auseinandersetzung. In diesem Sinne bezeichne ich die Depression auch als «Verlierer-Krankheit»!

Eine solche Verliererreaktion kann man auch in der Tierwelt beobachten, man nennt sie dort «arretiertes Kampfverhalten», «arrested fight reaction». Lassen sich zwei Rivalen in einen Machtkampf ein, geht der Sieger mit geschwellter Brust und erhobenem Kamm daraus hervor und der Verlierer zieht sich in einer Kauerstellung, «crouch position», in die Ecke zurück und verliert sogar die Farbe, wird blutleer. Dies ist durchaus ein äquivalentes Verhalten zur depressiven Reaktion beim Menschen.

Wie kommt es zur Depression

Menschen mit ADHS und ADS weichen stets von den Vorstellungen der gesellschaftlichen und erzieherischen Norm ab. Ihr andersartiges Verhalten trägt ihnen deshalb in der Auseinandersetzung mit ihrem Umfeld viel Kritik, Zurechtweisungen und Konflikte ein, wenn das Umfeld nicht bereit ist, auf ihre Andersartigkeit einzugehen, ja diese zu akzeptieren. Diese Andersartigkeit zeigt sich schon früh. Sie besteht schon seit der Geburt, denn sie ist genetisch festgelegt.

Gene, die eine Auswirkung auf das Verhalten eines Menschen haben, lassen sich über Erziehung oder Medikamente aber nicht ändern. Was sich beeinflussen lässt, ist das Gehirn dank seiner Plastizität. Das Gehirn ist ein lernfähiges Organ und der Mensch ist das lernfähigste und somit entwicklungsfähigste Lebewesen unter den Säugetieren. Dieses Lernen kann aber sowohl in positive als auch negative Richtung gehen. So gibt es z.B. das Konzept der «erlernten Hilflosigkeit», der «learned helplessness». «Auch Dummheit ist lernbar» nach dem Buchtitel von Jürg Jegge. Sogar Krankheit ist lernbar.

Die erlernte Hilflosigkeit kann ebenfalls im Tierexperiment mit Mäusen demonstriert werden. Werden Menschen mit ADHS oder ADS von ihrem sozialen Umfeld wie Familie, Schule oder auch Kollegen dauernd zurechtgewiesen, oder werden sie gar verspottet und zum Sündenbock gemacht, lernen sie, dass sie nicht so sein dürfen wie sie sind, dass sie falsch sind. In ihrem Verhalten und Denken entwickeln sie ein Gefühl der Wertlosigkeit. Gelingt es ihnen aber nicht, den Anforderungen ihres Umfeldes zu genügen und sich ganz allgemein den Normen der Gesellschaft anzupassen, obwohl sie sich grosse Mühe geben, dann kommen sie sich als Verlierer vor und die Depression setzt ein.

Bei Frauen mit ADS und ADHS ist dies häufiger der Fall. Männer mit diesem Persönlichkeitstyp können sich oft eher über die Kritik hinwegsetzen und fühlen sich weniger gezwungen zur Anpassung. Sind sie sehr intelligent, setzen sie sich über alle Kritik hinweg und werden zu Überfliegern ja sie können zum Teil sehr erfolgreich sein.

Erschöpfen sie sich aber in ihrer Überaktivität durch allzu viele gleichzeitige Anforderungen, enden sie schliesslich in einem «Burnout», was nichts anderes ist, als eine emotionale Erschöpfung, eine Depression.

Damit Menschen mit ADS oder ADHS gar nicht erst in die Depression verfallen müssen, sollte das erzieherische Umfeld bei diesen Personen schon in der Kindheit ihr Wesen und ihre Persönlichkeitszüge erkennen, und dann persönlichkeitsgerecht mit diesen Kindern umgehen zu lernen. Fühlen sich diese Kinder von ihren Bezugspersonen in ihrer Andersartigkeit von Grund auf akzeptiert, können sie auch besser mit ihren eigenen «Ecken und Kanten» umzugehen lernen und sich als Erwachsene entsprechend besser einfügen in die Gesellschaft, jedoch ohne sich verleugnen zu müssen.

Unter diesen Umständen laufen sie auch weniger Gefahr, in eine innere Ausbeutung und somit in eine Depression zu gleiten. Sie stehen zu ihrer Andersartigkeit und können im täglichen Leben ihre Wesensart erfolgreich in der Gesellschaft einbringen. Gelingt diese Hilfestellung den Bezugspersonen aber nicht innert nützlicher Frist, sollten sie sich im Umgang mit AD(H)S unbedingt fachliche Hilfe holen.

Handelt es sich um Erwachsene mit AD(H)S, die in ihrer Kindheit viel negative Erfahrungen gemacht und deshalb ein schlechtes Selbstwertgefühl entwickelt haben, weil sie aus lauter Zwang zur Anpassung ständig gegen sich vorgegangen sind, so gibt es nur eines, sie müssen ihre eigene Persönlichkeit erkennen und akzeptieren lernen und mit ihr Freundschaft zu schliessen. Erst wenn sie sich in ihrer Wesensart selber angenommen und akzeptiert haben, können sie auch lernen, besser mit sich umzugehen und sich dem Umfeld gegenüber behaupten. Dies ist der Anfang, zur gesunden Selbstbehauptung und die Depression fällt weg.

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